Mit seinem Unternehmen MHE Growth Consulting entwickelt Brancheninsider Matthias Heimberg massgeschneiderte und nachhaltige Wachstumsstrategien für Marken sowie ein starkes Branding. Als inhabergeführtes Boutique-Unternehmen fokussiert sich das Beratungsangebot auf Klein- und Mittelstandsunternehmen sowie auf Start-ups. Das Angebot umfasst strategisches Consulting, Markenentwicklung, Interim Management und Coaching.
Im Interview spricht der passionierte Business Developer und Brand Builder mit Professional Jeweller unter anderem über die Herausforderungen im Bereich Consulting für Schmuckmarken, Konsumentenerwartungen an Schmuckmarken sowie die Zukunft des Facheinzelhandels und von Fachmessen.
PJG: „Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Consulting speziell für Schmuckmarken anzubieten und welche Leistungen umfasst Ihr Portfolio?“
Matthias Heimberg, Gründer und Inhaber MHG Growth Consulting: „Seit 10 Jahren bin ich nun in der Schmuckbranche tätig, mit Erfahrungen in den Bereichen Retail, B2C und B2B. In all diesen Bereichen beschäftigt man sich mit den Themen Positionierung, Differenzierung, Kollektionsentwicklung und Markenaufbau. Hier bringe ich, auch aus meiner Zeit in der Uhren- und in der Konsumgüterbranche, viel Know-how mit.“
PJG: „Wie verläuft der Consultingprozess bei Ihnen?“
MH: „Zuerst ist es mir wichtig, die Bedürfnisse des Unternehmens zu verstehen, mit dem ich arbeite. Hier stellen sich Fragen wie: „Wo drückt der Schuh?“ oder „Was sind die Visionen und angestrebten Ziele?“ Anhand der Antworten lässt sich das individuelle Beratungsangebot ableiten.
Am Beginn des eigentlichen Beratungsprozesses steht normalerweise eine vertiefte SWOT-Analyse (Stärken-Schwächen-Chancen-Gefahren) sowie eine Markt- und Konkurrenzanalyse. Auf dieser Basis kann dann die eigentliche Beratung, zum Beispiel die Entwicklung einer klaren Positionierung einer B2B- oder B2C-Marke erfolgen.
Im Rahmen dieses Prozesses führe ich gerne einen Workshop mit den Familienmitgliedern oder den Entscheidungsträgern des Kunden durch. Dies hat sich bisher als sehr effiziente Methode erwiesen, um schnelle und qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen.“
PJG: „Was macht die Arbeit im Bereich Consulting für Schmuckmarken so besonders?“
MH: „Sehr hilfreich bei meiner Arbeit ist ein tiefes Verständnis für die Mechanismen der Schmuckbranche. Die Schmuckbranche ist die letzte Branche, die sich hin zur Marke beziehungsweise hin zum Markenschmuck entwickelt. Daneben ändert sich das Konsumentenverhalten rasant und im Markt gibt es aktuell Disruptionen wie das E-Commerce und synthetische Diamanten. Die hier genannten Themen führen in der Branche zu vielen offenen Fragen und damit auch zur Kernfrage nach der richtigen Strategie für die Zukunft.“
“Die Hauptingredienzen für den Erfolg sind ein unverwechselbares Design, höchste Qualität und eine klare Markenidentität mit einem relevanten emotionalen Mehrwert. All die genannten Punkte müssen über alle Touchpoints der Customer Journey erlebbar sein, um Begehrlichkeiten beim Konsumenten zu wecken.” – Matthias Heimberg, MHE Growth Consulting
PJG: „Sie verfügen über eine langjährige Kompetenz im General Management, Marketing und Verkauf von Luxus- und Konsumgütern sowie in der Entwicklung von Marken und profitablen Wachstumsstrategien auf Hersteller- sowie auf Retailer-Seite. Sie sind auch der Schöpfer der Marken «Binder Jewellery» und «Bucherer Fine Jewellery» sowie der ikonischen Kollektionen «Peekabo» sowie «B Dimension» für Bucherer Fine Jewellery und „Perception“ für Binder, dem Gewinner des Inhorgenta Fine Jewellery Awards. Was braucht es, um eine neue Marke zu kreieren und wie muss diese heutzutage aufgestellt sein, um sich am Markt erfolgreich etablieren zu können?“
MH: „Eine Schmuckmarke muss heute vor allem authentisch wirken, eine differenzierte, relevante und emotionale Markenstory erzählen und diese bei allen Touchpoints wie Website, Social Media bis hin zum Schaufenster und dem Schmuckstück selbst kongruent erlebbar machen. Das Thema Nachhaltigkeit sehe ich hierbei längst mehr als Notwendigkeit und weniger als Differenzierung.
Wichtig und zentral ist zudem eine Kollektion von hoher Eigenständigkeit und Wiedererkennbarkeit. Das Produkt steht im Zentrum und muss das Markenversprechen sowohl in hoher Qualität als auch einer klaren Designsprache verkörpern.“
PJG: „Was erwarten Konsumenten heute von einer Schmuckmarke und in welchen Bereichen haben Ihrer Meinung nach Marken heute noch Nachholbedarf?“
MH: „Konsumenten wollen sich zu einer Marke emotional hingezogen fühlen; die Marke soll Ihre Bedürfnisse und Wünsche ansprechen. Natürlich darf eine Marke auch neue Bedürfnisse wecken. Speziell junge Konsumentinnen gehören auch gerne zu einer oder mehreren Communities. Wenn eine Marke so eine Community erschaffen kann oder in relevanten Communities aktiv ist, generiert dies einen großen Mehrwert. Am Ende der Fahnenstange steht die „Love Brand“, eine Marke, die von ihrer Community heiß verehrt wird.“
PJG: „Immer mehr Schmuckmarken tendieren dazu, sich verstärkt im B2C-Bereich zu engagieren und ziehen sich eher aus dem B2B-Bereich zurück. Ist das wirklich für jede Marke sinnvoll und wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung ein?“
MH: „Dies muss für jede Schmuckmanufaktur individuell analysiert werden. Klar ist, dass das B2B-Geschäft mit No-Name-Schmuck über den Grosshandel rückläufig sein wird. Man muss sich hier also auch mehr auf B2C-Marken ausrichten, deren Bedürfnisse wie eine RJC-Zertifizierung erfüllen, und sich als B2B-Anbieter ebenfalls klar positionieren. Falls man den Schritt in Richtung B2C tut, muss man es richtig tun.
Was wohl keine Zukunft hat ist das, was ich bei vielen Schmuckfirmen im deutschsprachigen Raum beobachte: Man produzietr zwar schönen Schmuck in guter Qualität, präsentiert diesen auf Messen, oder fährt von Juwelier zu Juwelier, aber ohne eine eigene Markenidentität zu haben sowie einer fehlenden emotionalen Story, einem fehlenden klaren Branding sowie den notwendigen Supportmaterialien für Juweliere. Viele scheuen hier die notwendigen Investitionen. Aber diese sind gerade für die Zukunft überlebensnotwendig.“
PJG: „Wie sehen Sie die Zukunft des Facheinzelhandels und dessen Relevanz für Schmuckmarken? Wird sich das Geschäft immer mehr in den Online-Bereich verlagern oder sind Omni-Channel-Strategien mit POS gerade im Bereich Schmuck auch zukünftig nicht wegzudenken?“
MH: „Der Facheinzelhandel wird, speziell im höherwertigen Bereich, auch in Zukunft eine zentrale Funktion einnehmen, denn der Schmuck ist ein emotionales, haptisches Gut, und das Einkaufserlebnis bleibt damit zentral. Aber er ist nur ein Teil der Customer Journey, da sich fast alle Konsumenten zuerst online informieren. Eine gekonnte Omni-Channel-Strategie ist daher unerlässlich.
Marken werden bei den Juwelieren weiter an Gewicht gewinnen. Den Juwelieren bietet sich aber auch die Chance, sich mit einer eigenen Schmuckmarke zu differenzieren. Auch hier gilt: Es muss ein klares Markenbild geschaffen werden und der Schmuck muss eine besondere Designsprache haben.“
PJG: „Aktuell sind die Besucherzahlen auf Fachmessen verhalten und die Order eher zurückhaltend. Sind Ihrer Meinung nach reine Fachmessen noch zeitgemäß oder müssen Messekonzepte gänzlich neu gedacht werden?“
MH: „Viele größere Marken gehen dazu über, Juweliere zu Hausmessen ein-zuladen, um ihre Neuheiten zu präsentieren. Dazu besuchen und schulen sie die Juweliere intensiv vor Ort. Ich kann den Juwelieren aber nur empfehlen, die Messen regelmäßig zu besuchen, um Trends und neue, aufstrebende Marken frühzeitig zu erkennen. Die Fachmessen müssen sich Gedanken machen, wie sie die sich ändernden Bedürfnisse der Besucher weiterhin erfüllen können. Hierzu sehe ich bei der Inhorgenta und der Vicenzaoro gute Ansätze.“
PJG: „Gibt es aus Ihrer bisherigen Berufserfahrung Learnings, die Sie Schmuckmarken ans Herz legen möchten?“
MH: „Die Hauptingredienzen für den Erfolg sind ein unverwechselbares Design, höchste Qualität und eine klare Markenidentität mit einem relevanten emotionalen Mehrwert. All die genannten Punkte müssen über alle Touchpoints der Customer Journey erlebbar sein, um Begehrlichkeiten beim Konsumenten zu wecken. Der wichtigste Moment der Wahrheit ist dann, wenn das Schmuckstück das erste Mal berührt und anprobiert wird.“